ohne Schnitt, Größen-kompatibel
Obwohl ich seit über 20 Jahren Kleidung für mich selbst nähe und auch schon mehrmals einen Maßschnitt aufgestellt habe, war ich auf der Suche nach einer simplen Lösung.
Ich habe mir die Frage gestellt, wie macht es die Großindustrie? Denn da geht es ja auch immer um Zeit- und Kosten-Einsparung.
Wenn ich sowieso Stoff einkaufen muß, dann kann ich auch "teilkonfektionieren": Wie Zulieferer der großen Konzerne, kaufe ich Fertigteile ein und baue daraus mein eigenes Kleid.
Entstanden ist ein Kleid mit Unterrock, daß ich für den Winter genäht habe. Die Idee ist simpel. Und auch Sommerkleider können so schnell und einfach genäht werden.
Die Idee
Man nehme ein fertig konfektioniertes Oberteil und nähe einen Rock daran.
Das Oberteil ist aus 100%Baumwoll-Jersey-Stoff, das Unterteil gewebte Ware. Dadurch wird das Einnähen eines Verschlusses eingespart. Das Kleid wird über den Kopf angezogen.
OBERTEIL:
In diesem Fall habe ich ein blaues Shirt ohne Arm, 100% Baumwolle in meiner Größe gekauft. Da dies ein Winterkleid ist, nutze ich das Shirt ohne Arm als "Unterhemd". Darüber trage ich Langarm-Shirt oder Bluse oder einen Pullover.
Ich habe diese Idee auch mit einem Lang-Arm-T-Shirt getestet, finde das aber unpraktisch. Denn so bin ich flexibler in der Wahl meines "Oberteils", welches ich darüber ziehe.
ROCK:
Ich nutze die Technik des Dirndl-Kleid-Nähens: Stoffbahnen werden in Falten gelegt und an das fertige Oberteil (beim Dirndl wäre dies das Mieder) genäht.
Wie groß die Falten sein sollen ist dem Geschmack der Trägerin überlassen. Die Möglichkeiten sind unendlich groß:
- kleine Falten
- große Falten
- unregelmäßige Falten
- alle Falten in eine Richtung legen
- Falten in verschiedene Richtungen legen
- Möglichkeiten kombinieren
UNTERROCK:
Da ich im Winter Strumpfhosen trage, habe ich einen Unterrock aus Futterstoff eingenäht.
So bleibt das Kleid nicht an der Strumpfhose hängen und das Kleid trägt sich komfortabler.
Stoffeinkauf
Die Stoffballen, die im Laden herum liegen, haben unterschiedliche Breiten. Die Standard-Breite liegt bei 1,50 m mit einigen Abweichungen. So gibt es auch Rollen mit 1,20 m
oder 1,80 m Breite. Das ist nicht immer angegeben, da muß man manchmal nachfragen.
Von dieser Rolle, die da im Laden liegt, kauft man "Meterware" ein. Üblich sind 0,20 - 0,25 m Mindestabnahme. Selbst wenn ich nur 0,20 m Stoff kaufe, dann ist dieser je nach Rollenbreite zwischen 1,10 m - 1,80 m breit.
Ich verarbeite bei meinem Kleid den ganzen Stoff, es fallen keine Reste an. Deswegen arbeite ich mit der ganzen Stoff-Breite.
EINKAUF:
Ich brauche 1 Stoff-Breite für die Vorderseite,
eine 1 Stoff-Breite für die Rückseite des Rockes.
Wie lang soll mein Rock werden?
Selbst überlegen, plus 10 cm extra (Saum, evtl. Einlaufen oder oder oder)
2x Rocklänge einkaufen.
Einkaufsliste
- Kurz-Arm-T-Shirt oder Top aus Jersey-Stoff (100% Baumwolle, andere Zusammensetzungen dehnen sich evtl. zu stark nach unten)
- ein Stück Stoff = 2 x Rock-Wunschlänge plus 10 cm Nahtzugabe
- ein Stück Futter-Stoff = doppelte Wunschlänge plus 5 cm Nahtzugabe
Dabei richtet sich die Länge des Stoffes nach der Wunsch-Länge des Rockes, gemessen ab Taille plus 10 cm Naht- bzw. Saumzugabe. Dieses Maß x2 nehmen.
Stoffqualität: Hemdblusen-Qualität. Dicker Jeans-Stoff ist zum Beispiel zu schwer für soviel Stoff-Volumen, denn der Stoff wird in Falten gelegt. Das würde dann das T-Shirt unnötig nach unten ziehen und wäre unkomfortabel zu tragen.
Das Futter kann weggelassen werden, wenn man a) ein Sommerkleid nähen möchte oder b) im Winter sowieso Unterkleider trägt. Das Futter dient dazu, daß der Stoff besser fällt und nicht an der Strumpfhose kleben bleibt. Wie jeder Lagen-Look wärmt es außerdem.
Los geht´s
- T-Shirt anziehen und in der Taille eine Markierung setzen.
- Wie groß ist der Umfang des T-Shirt´s ? Notieren.
- Wir brauchen für den Rock eine Vorder- und eine Rückseite. Da wir im Laden die doppelte Rocklänge eingekauft haben, halbieren wir jetzt den Stoff. Dazu Schnittkante auf Schnittkante legen und parralel zu diesen Schnittkanten schneiden. (Schnittkante ist die Kante, wo die Verkäuferin den Stoff abgeschnitten hat im Gegensatz zur Webkante.)
- Stoff in Falten legen und Falten mit Nadeln feststecken. Oberteil anziehen, Unterteil ranhalten und überprüfen, ob diese Falten so gefallen.
- Wenn mir die Größe der Falten gefällt, dann fange ich jetzt an, genau zu arbeiten: einige Falten werden gemessen, ein Durchschnittswert ermittelt und die Falten werden exakt gelegt, gesteckt und genäht. Diese erste Naht dient zum Festnähen der Falten und erfolgt aus diesem Grund nur füßchen-breit.
- Ober- , Unterteil und Futter zusammen stecken und anprobieren.
- Zusammennähen
- Säumen: Ich säume Oberstoff und Futter seperat, nicht zusammen nähen. Ich säume zuletzt, denn der Jersey gibt nach und die Wunsch-Länge kann am fertigen Stück besser überprüft werden.
Vorteile
Ich nutze dieses Kleid, mit einem Top genäht, im Winter wie einen Rock. Der Rock kann sich nicht verdrehen, denn das Kleid sitzt/hängt auf der Schulter. Das finde ich praktisch. Darüber kann ich ein langärmeliges T-Shirt, eine Bluse etc. anziehen.
Da ich auf den Verschluß bewußt verzichte, umspielt das Kleid locker die Taille.
Und ich muß keinen Verschluß einnähen, das spart Zeit und ein schnelles Ergebnis ist garantiert.
Da sich der Rock nicht verdreht (weil das Kleid auf den Schultern hängt) können in dieses Modell sehr gut Taschen eingenäht oder aufgenäht werden.
Durch das Jersey-Oberteil ist dieses Kleid Größen-Kompatibel im Gegensatz zu einer Maßanfertigung. Dieses schnelle Teil-Konfektionierte Kleid wächst mit, egal ob man ab- oder zu nimmt. Das ist praktisch zu wissen auch im Hinblick auf einen Lagen-Look.
Vorbild Dirndl
Dirndl-Röcke werden teilweise mit 3facher Stoffbreite genäht. So werden die Röcke schön weit. Das ist dann ein Rock-Umfang von ca. 4,5 Meter (bei Standard-Breite 1,50 m).
Mir persönlich ist das zuviel Stoff. Mir langt die 2fache Breite, also 1 Stoffbreite vorn, eine Stoffbreite hinten. Ich bevorzuge 1,20 m Breite bei langen Kleider und 1,50 m Breite bei dünnen Baumwoll-Stoffen.
Im Zuge meines Diploms habe ich mich intensiv mit Dirndl-Kleidern auseinander gesetzt. Ich bin fasziniert von diesem Kleidungsstück, da es das einzige Kleidungs-Stück unserer Zeit ist, das bis heute mit Saum-Weiten sowohl am unteren Saum, an den Seiten als auch in der Mitte (zwischen Mieder und Rock) verkauft wird. Das bedeutet es ist nachhaltiges Kleidungsstück. Denn es kann der Figur angepaßt werden. Es ist bis heute so genäht, daß mit nur wenigen Fäden-ziehen schnell eine Änderung möglich ist.
Schaut man sich im Gegensatz dazu ein normales Kleid von einer Marke aus dem Kaufhaus an, dann ist da gar nichts möglich, weder eine Änderung, noch eine Veränderung. Natürlich kann man theoretisch alles ändern, aber wenn der Zeitaufwand der Änderung teurer als ein neues Kleid ist (bzw. selbst für eine Hobby-Schneiderin länger dauert als ein neues Kleid zu nähen), dann ändert man nichts. Dann kauft man lieber neu oder näht lieber etwas ganz anderes.
Ich bin schon immer so geprägt, daß ich mich immer frage, wohin gehen unsere Dinge? Wohin?
Experimentiere!
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