Strickkleid

Da ich ein klein bisschen zugenommen habe und mein altes Kleid nicht mehr passt, musste ich neu stricken. Da ich die Farben und die Wolle liebe, habe ich es leicht abgewandelt und meiner Figur entsprechend auf Maß neu gestrickt.

Die Anleitung habe ich bereits hier beschrieben: Maßanfertigung.

Obwohl ich das Kleid schon gestrickt hatte, sind mir nun wieder neue Erkenntnisse über den Weg gelaufen: übers Stricken und übers Maßanfertigen.

Für ein Strickkleid aus grober Wolle brauche ich ungefähr ein Jahr. Ich stricke nur abends. So geht es langsam aber stetig voran.

Ich hätte die Wolle vom alten Kleid wiederverwerten können. Aber das habe ich nicht übers Herz gebracht. Denn ich liebe mein erstes selbstgestrickte Kleid. Ich habe es auf Maß und nach meinen eigenen Vorstellungen damals selbst konzipiert, selbst gestaltet, selbst berechnet, selbst gestrickt.

Mir fällt es leichter alles selbst zu machen, als nach einer fertigen Anleitung zu stricken.

Da ich noch nie so stark zugenommen habe, hatte ich mich beim Einkauf der Wolle auf die alten Berechnungen verlassen. Schön blöd, so mußte ich nachbestellen...

Dadurch, daß ich dicker geworden bin und nun mehr Wolle brauche muß ich mehr Maschen stricken. Klingt ganz banal.

Durch die erhöhte Maschenanzahl werden die einzelnen Maschen, proportional zu meinem Körper berechnet sehr viel kleiner als bei meinem ersten Kleid. Und so liegt das Strickgut ganz anders an, ich finde besser. Auch der Ausschnitt gefällt mir besser.

Bei meinem ersten Kleid (mit buntem Rand) war der Ausschnitt eher eckig. Nun liegt die Schulterpartie perfekt an und der Ausschnitt ist schön rund geworden.

Das bedeutet im Umkehrschluß: Sollte ich wieder so dünn wie früher werden, dann solllte ich mit dünnerem Garn stricken um das gleiche schöne Ergebnis wie bei diesem neuen Kleid zu erzielen. (Ich könnte auch den unteren Rockteil mit etwas dickerem Garn stricken, das wärmt so schön, um dann oben mit dünnerem Garn weiter zu stricken, das wäre auch super!!!)

Bei einer Maßanfertigung geht es nicht darum, daß etwas auf dem Bügel hervorragend aussieht. Das fertige Stück soll an mir, der Trägerin hervorragend aussehen. Und so entspricht das fertige Kleid vielleicht nicht den gängigen Proportions-Vorstellungen.

Hier ist zu erkennen: Schmaler Oberkörper, breite Hüfte- das war bei mir schon immer so, egal wieviel Kilos ich wog.

Bei jeder Schnitterstellung, egal ob aus Stoff genäht wird oder gestrickt, gilt:

Schöne Linien zeichnen. Das heißt nichts anderes als: nicht krumm und schief, sondern gleichmäßig schöne Bögen zeichnen. Bei einem Papierschnitt ist das häufig leichter, denn mit einem Bogen-Lineal sind schöne Linien nicht schwer. Beim Stricken bedeutet das: Die Abnahmen gleichmäßig über einen vorher fest definierten Abschnitt verteilen.

Beispiel: Taille ist der schmalste Punkt, Hüfte der breiteste Punkt. Wie hoch ist diese Strecke? Das ist ganz individuell und wird vermessen. Über diese Höhe werden die Abnahmen verteilt. Wer zum Beispiel einen sehr großen Busen hat und eine schmale Hüfte, bei dem gilt das Gleiche, nur eben umgekehrt.

Berechnung der Anfangs-Maschen-Zahl: Ich nehme die stärkste Stelle und runde auf, sodaß die Maschenanzahl durch 4 teilbar ist- denn mein Bündchen stricke ich 2 links, 2 rechts.

Dazu ist eine Maschenprobe elementar.

Hier sieht man die Berechnung der Abnahmen. Zuerst wird die Höhe ermittelt (von weit zu engster Stelle) und dann die Abnahmen festgelegt.

Ich komme sehr gut mit bunten Fäden als Markierung zurecht. Die gekauften Markierer nutze ich nur als kurzfristige Markierung. Die Fäden schmiegen sich schön an, verrutschen nicht, sind kostengünstig und je nach Farbe haben sie eine unterschiedliche Aufgabe.

Weißer Faden/ Kreuz in der Mitte: vordere bzw. hintere Mitte

Lachs-farbener Faden: Abnäher, jeweils nach rechts und links geneigt

Raglan-Ärmel: Da nicht unbedingt in jeder Reihe abgenommen wird, sondern manchmal nur alle 3 Reihen etc. läuft eine kleine Faden-Schlaufe auf der Nadel mit. So verpasse ich meine Abnahme nicht. Denn mir passiert es schnell, daß ich in Gedanken versunken an meiner Abnahmestelle vorbei stricke. So erinnere ich mich selbst.

Auf dem Foto ist Fetthenne zusehen. Ich liebe diese mehrjährige Pflanze, die fast überall bei uns im Garten wächst und die mir auch im Norden an der See immer wieder begegnet.

Das mit den Farben ist ja immer so eine Sache. Farben polarisieren. Wer kein Lila mag, der findet vielleicht den ganzen Beitrag blöd. Deswegen tragen vermutlich Designer gerne schwarz und die Modelle sind grau oder weiß- bloß keine Farbe, die wird häufig zuletzt übergestülpt.

Ich liebe alle Farben. Strickerinnen wissen: es ist manchmal gar nicht so einfach die passende Farbe zu kaufen. Beim Stoff und Nähen ist es ja ähnlich, denn das Farbempfinden ist ganz individuell von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Ich liebe dieses Lila, allerdings auch nur für dieses Kleid. Ich hätte keine Lust aus dieser Farbe einen Pullover zu stricken oder irgendetwas anderes.

Ich kann das Hineinspüren empfehlen. Genauso wie ich meine Wandfarbe in unserer Wohnung aussuche. Ich überlege vorher worin ich mich wohl fühlen könnte. Dieses Lila assoziiere ich nicht nur mit Fetthenne, sondern auch mit Heide-Landschaften und dem Norden im Allgemeinen.

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