Märchen vermitteln Botschaften. Manchmal sind sie offensichtlich, manchmal versteht man sie erst Jahre später "wenn man groß ist". Die Idee zu "Märchen & Malen. Geschichten illustrieren" ist in Zusammenarbeit mit der ehrenamtlich geführten Bibliothek Großauheim/ Hanau entstanden.
Während ich ein Märchen vorlese kann geträumt, gemalt oder einfach zugehört werden. Ich möchte nicht nur Märchen Kindern und Erwachsenen näher bringen, sondern auch das Zeichnen & Malen. Mir ist weniger das Kunstwerk wichtig, sondern viel mehr der Weg dorthin. Und auf diesem Weg darf gekrakelt, experimentiert, weggeworfen und gefunden werden: Sprache und Kunst.
Der nächste Termin findet statt am:
22. Februar 2018, 16 Uhr
Ich lese das Märchen vor von "Hans im Glück".
Bibliothek Großauheim
Alte Langgasse 9, 63457 Hanau
http://bibliothek-grossauheim.de/
Henrietta kommt aus dem Norden und unter ihren Vorfahren sind Seemänner. Deshalb hat sie ein rotes und ein grünes Bein. So weiß sie immer, wo Backbord und Steuerbord liegen:
Die rechte Seite eines Schiffes (in Fahrtrichtung) ist Steuerbord, grün.
Die linke Seite ist Backbord, rot.
Weil Henrietta Seemänner unter ihren Vorfahren hat, deshalb kommt sie manchmal durcheinander mit Wörtern und Begriffen. Wenn ihre Schafs-Freundin Blumhilde sagt: „Oh, ist der Baum da vorne schön!“ Dann wundert sich Henrietta, denn unter Seeleuten ist ein Baum „Takelage“, also Mast, Segel und Tauwerk auf dem Schiff. Das ist manchmal sehr verwirrend, denn als Schaf lebt Henrietta hauptsächlich auf grünen hübschen Wiesen und Deichen und weniger auf Schiffen. Wenn Blumhilde von Bäumen quatscht aber gar kein Schiff in Sicht ist, dann fängt Henrietta an zu träumen von hübschen Deichen an der See und großen Schiffen, die vorbei ziehen.
Der Weihnachtsmann fühlte sich komisch. Er wusste gar nicht so recht was los war. Er war verwirrt, wurde plötzlich furchtbar geizig und hatte permanent schlechte Laune. Die Angestellten und die Arbeiter in seiner Weihnachtsmann-Geschenke-Fabrik hielten es nun nur schwer mit ihm aus. Es war furchtbar. Der Weihnachtsmann, der sonst als allerliebster Mensch auf dieser Welt bekannt war, verhielt sich plötzlich total merkwürdig. Er war kontrollsüchtig, meckerte und ließ seine schlechte Laune an seinen Angestellten und Arbeitern ab.
Niemand konnte dieses Verhalten verstehen. Und der Weihnachtsmann auch nicht. Er war völlig verwirrt und irritiert und verstand sich selbst nicht mehr. Denn er war der großzügigste Mensch auf Erden, sein Leben bestand aus Schenken. Er kannte gar nichts anderes als Menschen zu beschenken. Das hatte ihm all die Jahre große Freude bereitet. Und auch seinen Angestellten gegenüber war er immer sehr großherzig gewesen. Wenn jemand mal früher Feierabend machen wollte, dann war das nie ein Problem. Aber nun war der Weihnachtsmann unausstehlich. Die Arbeiter in der Weihnachtsmann-Geschenke-Fabrik mussten viel mehr arbeiten als sonst. Und was noch viel schlimmer war: Der Weihnachtsmann wollte ihnen zum ersten Mal keine Weihnachtsgeschenke mehr schenken.
In einem verwunschenen Garten spielen zwei junge Prinzen. Sie tollen herum, hämmern und sägen Steine zurecht und leben in ihrer eigenen traumhaften Kinderwelt.
Eines Tages begegnen sie in ihrem Garten einer fremden Frau. Sie können es gar nicht glauben, daß noch jemand in ihrem Garten herum läuft. Deswegen beachten sie sie gar nicht. Sie wird schon wieder weggehen, da sind sie sich sicher.
Doch immer häufiger erblicken sie die Frau. Dann rennen sie schnell weg. Denn das gefällt ihnen ganz und gar nicht. Es ist ihr Garten, da sollen keine Frauen herum laufen.
Das Ungeheuer ist ein ungeheuerliches Tier aus einer vergangenen Zeit. Damals lebte es am Stadtrand. Dies ist die Geschichte über ein Ungeheuer, daß ganz ungeheuerlich brüllen kann und gleichzeitig so leise sein kann, wie ein Geist.
Das Ungeheuer hat sehr viele Beine. Es hat mehr Beine, als andere Tiere. Damit könnte es überall hin laufen. Aber es ist am liebsten dort, wo es lebt: am Stadtrand. Dort kommen Spaziergänger vorbei, die es anbrüllen kann. Und wenn es Appetit bekommt, dann läuft es los in die Stadt und kauft sich etwas zu essen.
Es kann so leise laufen, daß es ganz unheimlich ist, wenn es läuft. Niemand kann es hören.
Plötzlich ist das Ungeheuer da, und dann brüllt es einfach drauf los. Es ist wirklich weit und breit das ungeheuerlichste Ungeheuer, daß es in der Gegend gibt.
Die zerbrochene Porzellan-Puppe kommt aus gutem Haus. Sie wurde in der besten Porzellan-Puppen-Fabrik hergestellt und von der besten Malerin der Porzellan-Puppen-Fabrik angemalt und von der besten Schneiderin der Porzellan-Puppen-Fabrik eingekleidet. Von allem nur das Beste. Sie hat wundervolle Porzellan-Zähne, wundervolles blondes Haar und ein geheimnisvolles Lächeln. Als sie fertig ist und die Porzellan-Puppen-Fabrik verlässt, ist sie glücklich.
Der kalte Fisch wohnt an einem sehr sehr kalten Ort. Dort ist es kälter als an allen anderen Orten, die man auf dieser Welt so kennt. Es hat etwas gedauert, bis der kalte Fisch diesen Ort fand. Zuvor wohnte er an einem anderen Ort in einer anderen Welt.
An diesem ersten Ort ist es ungefähr so kalt wie in einem Kühlschrank. Da die anderen Tiere an diesem Kühlschrank-kalten Ort aber dem kalten Fisch nicht kalt genug waren, deshalb machte er sich eines Tages auf den Weg um an noch kältere Orte zu gelangen. Auf seiner Reise lebt er manchmal an Orten, die so kalt sind wie ein Himbeer-Eis. Und manchmal ist es sogar 3x so kalt wie ein Himbeer-Eis. Dann ist selbst das Eis kein Eis mehr, sondern hart wie Stein.
Die Köchin hat das Kochen gelernt. Sie erzählt, daß sie auch das Putzen gelernt hat. In der Küche muß man ständig alles sauberhalten, sonst kann man nicht kochen. Sie kann also Putzen und Kochen. Ich glaube sie kocht lieber.
Jeden Tag kocht sie dem Juristen etwas zu Essen. Manchmal darf er sich etwas wünschen. Dann muß sie Kohl kochen, weil der Jurist so gerne Kohl ißt. Den mag sie selbst nicht so gerne und deswegen kocht sie den Kohl auch nie einfach so. Kohl kocht sie nur auf Wunsch und nur weil sie den Juristen so gerne hat.
Irgendwann war meine Schwester sehr wütend auf mich. Ich nahm als Kind Alles auseinander und manchmal konnte ich es nicht mehr zusammen bauen. Für mich war das nicht so schlimm, denn ich hatte meine Mission erfüllt. Ich wußte jetzt wie ein bestimmtes Etwas von innen aussah und war ein Stückchen klüger geworden.
Das der brandneue Wecker nicht mehr funktionierte war etwas aus einer anderen Welt, das mich überhaupt nicht tangierte. Außerdem wußte ich, ich mußte nur weiter reparieren, dann würde es wieder funktionieren.
Heute kann ich die Sichtweise meiner Schwester nachempfinden.
Meine Uroma trank jeden Tag einen Korn auf ihre Gesundheit. Und sie strickte Socken für uns. Es waren die besten Socken der Welt.
Wenn ein Paar Socken fertig war, wurden sie zuerst mit kochend-heißem Wasser überbrüht. Sie hat das gemacht, damit die Sockenwolle etwas verfilzt und die Socken länger halten. Sie hat sie zusammengelegt und mit einer Schleife versehen.
Später hatte ich dann eine Socken-Freundin. Ich schickte ihr Wolle per Post zu und zurück kamen fertige Socken.
Denn ich konnte nicht stricken. Ich habe mich immer verstrickt. Ich verkrampfte beim Stricken dermaßen, daß mir mein ganzer Körper weh tat.
Das änderte sich, als ich entschied, daß es nicht angehen kann, daß ich die einzige in der Familie bin, die nicht stricken kann. Es war eine Kampfansage.
Ich wollte auch stricken können.
Nicht nur unsere Nichte auch meine Freunde und Familie wohnen sehr weit weg. Ich habe lange überlegt, wie ich mein Leben spannend erzählen kann, denn ich bin keine extrovertierte Person. Wenn ich nicht gefragt werde, vergesse ich häufig selbst wichtige Ereignisse zu berichten.
Bei Paragrafen muß ich an die Mathematik denken: Genauso wie die Grundrechenarten Voraussetzung zur Lösung einer Aufgabe sind, so sind Paragrafen das Arbeitsmittel für Juristen.
Dies ist eine weitere Mini-Kinder-Geschichte.
Als sich die Geburt unserer Nichte ankündigte, habe ich überlegt was ich ihr schenken könnte. Sie lebt weit weg. Wir werden ihr nicht täglich beim Wachsen und Großwerden zuschauen können.
Eine Idee ist, ihr mein Leben anhand von Kurz-Portraits zu erzählen. So ist eine Reihe von Mini-Geschichten entstanden, die alle etwas mit meinem Leben zu tun haben.
Bügel-Lotta ist die erste Mini-Geschichte: eine Mischung aus Realität und Nonsens.
Die Namen sind frei erfunden.